2018

Space Weather Jahreszusammenfassung

 
Flares / Sonneneruptionen:

Flares (Sonneneruptionen) sind extreme Strahlungsausbrüche auf der Sonnenoberfläche, die meist als Folge magnetischer Kurzschlüsse im Bereich größerer magnetisch komplexer Sonnenfleckengruppen auftreten. Flares strahlen im gesamten elektromagnetischen Spektrum. Häufig werden sie nach zwei Kriterien klassifiziert, zum einen nach der Flächenausdehnung während ihrer maximalen Intensität in der Emissionslinie des neutralen atomaren Wasserstoffs (Klassen 1, 2, 3, 4 mit Helligkeitsunterklassen F, N, B), zum anderen nach der maximalen Strahlungsleistung der Röntgenstrahlung im Wellenlängenbereich 0,1-0,8nm, gemessen am Oberrand der Erdatmosphäre (Klassen B, C, M, X).

Wertet man nach Röntgenklassen aus, so zeichnet sich für das Jahr 2018 bereits recht deutlich das offensichtlich nicht mehr allzu fern liegende Ende des aktuellen Sonnenfleckenzyklus 24 ab. So gab es insgesamt nur noch 13 Flares der Klasse C oder höher (Strahlungsleistung > 0,000001W/m²) (z.Vgl. 2017: 286). Ein noch niedrigerer Wert wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten nur ein einziges Mal registriert, im Jahr 2008 mit 9 Flares. Damals fand der Sonnenfleckenzyklus 23 im Dezember sein Ende. Knapp die Hälfte aller Sonneneruptionen des Jahres 2018 entfielen auf den Februar mit 6 Flares. Seit 7. Juli 2018 ist hingegen gar keine Eruption ab der Klasse C mehr aufgetreten. Auf die Klassen M (Strahlungsleistung > 0,00001W/m²) oder X (Strahlungsleistung > 0,0001 W/m²) wartete man überhaupt, wie zuletzt 2009, das ganze Jahr vergeblich.

 
Protonen-Events:

Als Protonen-Event bezeichnet man das Eintreffen einer signifikanten Menge hochenergetischer Protonen, die mit großer Geschwindigkeit von der Sonne abgegeben werden und in der Folge das Sonnensystem rasend schnell durchqueren. Als Verursacher für solche Ereignisse kommen zum einen intensive Sonneneruptionen in Frage, eine erhebliche Anzahl starker Protonen-Events dürfte aber vor allem auf die beschleunigende Wirkung von Schockfronten expandierender CMEs (Koronaler Massenauswürfe) mit Schockstruktur zurückzuführen sein. Klassifiziert werden Protonen-Events nach ihrer Raumdurchflussstärke, die am Oberrand der Erdatmosphäre gemessen wird, wobei für die NOAA Sturmkategorien speziell Protonen mit Energiebeträgen über 10MeV in die Bewertung einfließen.

Nennenswerte Protonen-Events konnten im Jahr 2018 nicht festgestellt werden (z.Vgl. 2017: 3), da selbst der Schwellwert für die unterste Klasse S1 (Raumdurchflussstärke > 10p/srcm²s) erstmals seit dem Jahr 2009 in allen Monaten außer Reichweite blieb.

 
Geomagnetische Aktivität:

Die geomagnetische Aktivität wird vom Erdboden aus mittels Magnetometer erhoben und anhand verschiedener Indizes quantifiziert. Besonders gut für statistische Auswertungen eignet sich dabei der sogenannte Ap-Index, ein weltweit erfasster Wert, der den Grad der geomagnetischen Störungen, bereinigt von Standort- und Tagesgangeffekten, recht gut wiedergibt. Im Jahr 2018 blieb der Ap-Wert erneut und insgesamt bereits das fünfzehnte Jahr ohne Unterbrechung unter dem langjährigen Durchschnitt (1933-2008) von 14,4. Mit nur 6,9 markierte er sogar den niedrigsten Wert seit dem Jahr 2010 und den drittniedrigsten überhaupt seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1933. Am geomagnetisch aktivsten zeigte sich dabei noch der August mit einem Ap-Index von 9,0. Die geringste geomagnetische Aktivität wies der Juli aus mit einem Ap-Index von nur 5,4.

Betrachtet man tägliche Ap-Werte und weist sie entsprechend einer Definition des NOAA SWPC sogenannten „Geomagnetischen Aktivitätslevels“ zu, so ergibt sich folgende Häufigkeitsverteilung für das Jahr 2018 (in den Spalten rechts der Vorjahreswert sowie kursiv der langjährige Durchschnitt 1933-2008):

quiet / ruhig 253 Tage 2017: 191 langjährig 140
unsettled / unbeständig 83 Tage 2017: 101 langjährig 118
active / aktiv 25 Tage 2017: 56 langjährig 70
minor storm / leichter Sturm 3 Tage 2017: 15 langjährig 25
major storm / großer Sturm 1 Tag 2017: 1 langjährig 10
severe storm / schwerer Sturm 0 Tage 2017: 1 langjährig 2

Als geomagnetisch aktiv konnte im Jahr 2018 eigentlich kein Monat bezeichnet werden, denn in jedem Monat gab es zumindest 25 Tage, welche den Klassen „ruhig“ oder bestenfalls „unbeständig“ zugeordnet werden mussten. Am interessantesten war vielleicht noch der August, an dem wenigstens 1 Tag sogar die Kategorie „großer Sturm“ (26. August 2018) erreichte. Als geomagnetisch ruhigste Monate des Jahres erwiesen sich der Juli mit gleich 27 „ruhigen“ Tagen, dem höchsten Wert seit 4 Jahren (Juli 2014, 29 „ruhige Tage“), und nur 2 Tagen, welche wenigstens als „aktiv“ bezeichnet werden konnten, sowie der Januar mit zwar nur 22 „ruhigen“ Tagen, dafür aber ohne einen einzigen Tag, an dem die Klasse „aktiv“ oder höher eingetreten ist.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt man auch, wenn man geomagnetische Stürme entsprechend den NOAA Space Weather Scales auswertet. Angelegt an die Saffir-Simpson-Skala für Hurrikanes sind auch die NOAA Space Weather Scales (Strahlungs-, Protonen-, Geomagnetische Stürme) in jeweils 5 ansteigende Stufen mit zunehmender Gefährlichkeit unterteilt. Während im Normalfall G1-Stürme, die durchschnittlich an etwa 88 Tagen pro Jahr auftreten, und G2-Stürme mit immerhin 36 Tagen nicht gerade seltene Ereignisse darstellen, kann mit G3-Stürmen noch an gut 13 Tagen pro Jahr gerechnet werden, während hingegen Stürme der Kategorie G4 mit durchschnittlich 4,5 Fällen und G5-Stürme mit gerade mal 0,3 Fällen pro Jahr nur noch sporadisch in Erscheinung treten. Im geomagnetisch so inaktiven Jahr 2018 gab es nur an 20 Tagen einen G1-Sturm (z.Vgl. 2017: 53), an 8 Tagen einen G2-Sturm (2017: 16) und an lediglich 1 Tag trat ein G3-Sturm (2017: 4) auf, und zwar am 26. August 2018. G4-Stürme wurden nicht registriert (2017: 2). Der bislang letzte G5-Sturm ist überhaupt schon lange her und datiert vom 30. Oktober 2003.

 
Polarlichter:

Ein stark wachsendes mediales Interesse, die zunehmende Anzahl an Beobachtern, der rege Austausch über Internetforen und nicht zuletzt die Anwendung von lichtstarken, häufig auch automatischen Kameras führte in den letzten Jahren zu einer übermäßig rasch ansteigenden Zahl an Polarlichtbeobachtungen, die einen Vergleich mit früheren Jahren unmöglich macht. So konnten im deutschsprachigen Raum entsprechend dem umfangreichen und schön gestalteten Polarlichtarchiv von Andreas Möller im Jahr 2018 trotz der geringen geomagnetischen Aktivität immer noch 12 Nächte (2017: 25) mit Polarlicht notiert werden. Die ebenfalls sehr gut geführte Polarlichtstatistik von Thomas Sävert spricht sogar von 13 Nächten mit sichtbaren oder fotografisch nachweisbaren Polarlichtern. Die meisten dieser Ereignisse waren aber nur schwach ausgeprägt, auf den Norden Deutschlands beschränkt und konnten teilweise überhaupt nur fotografisch festgestellt werden.

Andreas Pfoser, 1. Februar 2019

Quellen der Rohdaten:
NOAA, Space Weather Prediction Center
Deutsches GeoForschungsZentrum, Helmholtz-Zentrum, Potsdam
WDC SILSO, Royal Observatory of Belgium, Brussels

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