Space Weather Jahreszusammenfassung
Flares / Sonneneruptionen:
Flares (Sonneneruptionen) sind extreme Strahlungsausbrüche auf der Sonnenoberfläche, die meist als Folge magnetischer Kurzschlüsse im Bereich größerer magnetisch komplexer Sonnenfleckengruppen auftreten. Flares strahlen im gesamten elektromagnetischen Spektrum. Häufig werden sie nach zwei Kriterien klassifiziert, zum einen nach der Flächenausdehnung während ihrer maximalen Intensität in der Emissionslinie des neutralen atomaren Wasserstoffs (Klassen 1, 2, 3, 4 mit Helligkeitsunterklassen F, N, B), zum anderen nach der maximalen Strahlungsleistung der Röntgenstrahlung im Wellenlängenbereich 0,1-0,8nm, gemessen am Oberrand der Erdatmosphäre (Klassen B, C, M, X).
Wertet man nach Röntgenklassen aus, so kann man für das Jahr 2014 insgesamt 2022 Flares der Klasse C oder höher (Strahlungsleistung > 0,000001W/m²) eintragen (z.Vgl. 2013: 1468). Das ist doch eine recht markante Steigerung von 38% gegenüber dem Vorjahr und der höchste Wert seit immerhin 12 Jahren. Die aktivsten Monate waren dabei Februar, März und Dezember mit 229, 224 sowie 216 Flares, am schwächsten stand der Juli mit 83 Flares zu Buche. Flares ab der Klasse M (Strahlungsleistung > 0,00001W/m²) traten 224 mal auf (2013: 111). Damit wurde auch in dieser Kategorie der höchste Wert seit dem Jahr 2002 erzielt. X-Klasse-Flares (Strahlungsleistung > 0,0001W/m²) ereigneten sich immerhin 16 mal (2013: 12), 6 davon alleine im Oktober. Hier wurde zuletzt im Jahr 2005 eine noch höhere Zahl registriert. Die intensivste Sonneneruption des Jahres trat am 25. Februar 2014 um 00:49 UTC (01:49 MEZ) auf. Mit der Stufe X4.9 erreichte sie aber nur den bislang dritthöchsten Wert des aktuellen Sonnenfleckenzyklus (seit Dezember 2008). Höhere Strahlungsintensitäten wurden bereits am 7. März 2012 bei einem X5.4-Flare sowie dem bisherigen Spitzenreiter, einer Eruption der Klasse X6.9, am 9. August 2011 registriert.
Protonen-Events:
Als Protonen-Event bezeichnet man das Eintreffen einer signifikanten Menge hochenergetischer Protonen, die mit großer Geschwindigkeit von der Sonne abgegeben werden und in der Folge das Sonnensystem rasend schnell durchqueren. Als Verursacher für solche Ereignisse kommen zum einen intensive Sonneneruptionen in Frage, eine erhebliche Anzahl starker Protonen-Events dürfte aber vor allem auf die beschleunigende Wirkung von Schockfronten expandierender CMEs (Koronaler Massenauswürfe) mit Schockstruktur zurückzuführen sein. Klassifiziert werden Protonen-Events nach ihrer Raumdurchflussstärke, die am Oberrand der Erdatmosphäre gemessen wird, wobei für die NOAA Sturmkategorien speziell Protonen mit Energiebeträgen über 10MeV in die Bewertung einfließen.
Im Jahr 2014 wurden nach dieser Definition insgesamt 5 Protonen-Events der Klasse S1 (Raumdurchflussstärke > 10p/srcm²s) aufgezeichnet (z.Vgl. 2013: 7), davon konnten 3 auch die Schwelle zur Klasse S2 (Raumdurchflussstärke > 100p/srcm²s) überbieten (2013: 3), 1 Protonen-Event erreichte S3-Level (Raumdurchflusstärke > 1000p/srcm²s) (2013: 1) mit dem Jahreshöchstwert von 1033p/srcm²s. Dieser wurde am 9. Januar 2014 um 03:40 UTC (04:40 MEZ) inmitten eines 5 Tage 11 Stunden 05 Minuten andauernden Protonen-Sturms, dem drittlängsten des derzeitigen Aktivitätszyklus, erzielt. Betrachtet man die Entwicklung vergangener Jahre, so ist im Gegensatz zu den Sonneneruptionen, deren Häufigkeit im Jahr 2014 ja einen neuen Höchstwert im aktuellen Sonnenfleckenzyklus erreichte, die Anzahl der Protonen-Events seit einiger Zeit rückläufig. So muss man bis ins Jahr 2010 zurückblicken, um noch weniger Protonen-Ereignisse als im Jahr 2014 vorzufinden.
Geomagnetische Aktivität:
Die geomagnetische Aktivität wird vom Erdboden aus mittels Magnetometer erhoben und anhand verschiedener Indizes quantifiziert. Besonders gut für statistische Auswertungen eignet sich dabei der sogenannte Ap-Index, ein weltweit erfasster Wert, der den Grad der geomagnetischen Störungen, bereinigt von Standort- und Tagesgangeffekten, recht gut wiedergibt. Im Jahr 2014 fiel der Ap-Index, wie auch bereits in den vergangenen Jahren, äußerst bescheiden aus und erreichte nur einen Wert von durchschnittlich 7,7. Damit wird eine recht ungewöhnliche Serie von Jahren mit anhaltend niedriger geomagnetischer Aktivität prolongiert, welche mittlerweile bereits 9 Jahre andauert. Denn seit dem Jahr 2006 stieg kein Jahresmittelwert des Ap-Index mehr über 9,0 (z.Vgl.: langjähriger Durchschnitt (1933-2008): 14,4). Eine solch lange Phase extrem niedriger Aktivität ist bemerkenswert und seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1933 noch nicht einmal ansatzweise in ähnlicher Ausprägung aufgetreten. Diese Entwicklung erscheint aber noch erstaunlicher, wenn man auch den aktuellen Sonnenfleckenzyklus in die Überlegungen mit einbezieht. Dieser dürfte nämlich mittlerweile an seinem Maximum angelangt sein (vorläufig auf April 2014 datiert), offensichtlich ohne dass der geomagnetische Zyklus nennenswert darauf reagiert.
Betrachtet man tägliche Ap-Werte und weist sie entsprechend einer Definition des NOAA SWPC sogenannten „Geomagnetischen Aktivitätslevels“ zu, so ergibt sich folgende Häufigkeitsverteilung für das Jahr 2014 (in den Spalten rechts der Vorjahreswert sowie kursiv der langjährige Durchschnitt 1933-2008):
quiet / ruhig | 227 Tage | 2013: 248 | langjährig 140 |
unsettled / unbeständig | 104 Tage | 2013: 77 | langjährig 118 |
active / aktiv | 30 Tage | 2013: 34 | langjährig 70 |
minor storm / leichter Sturm | 4 Tage | 2013: 2 | langjährig 25 |
major storm / großer Sturm | 0 Tage | 2013: 4 | langjährig 10 |
severe storm / schwerer Sturm | 0 Tage | 2013: 0 | langjährig 2 |
Als der geomagnetisch aktivste Monat des Jahres 2014 zeigte sich diesmal der Dezember mit nur 8 „ruhigen“ Tagen. Das ist durchaus beachtlich, denn weniger „ruhige“ Tage in einem Monat gab es zuletzt im Januar 2005. Trotzdem zeigte sich der Dezember 2014 nicht wirklich von einer geomagnetisch imposanten Seite. Denn gleich 18 Tage fielen in die eher unauffällige Kategorie „unbeständig“, während nur 5 als „aktiv“ bezeichnet werden konnten und „Sturmtage“ gänzlich ausblieben. Immerhin, 18 „unbeständige“ Tage in einem Monat gab es zuletzt im März 1987. Anders verhielt es sich im Februar dieses Jahres. Hier waren gleich die Hälfte aller Tage, nämlich 14 „ruhig“ verlaufen, nur 7 Tage verhielten sich „unbeständig“ und 5 Tage „aktiv“. Da aber wenigstens 2 Tage in diesem Monat der Kategorie „leichter Sturm“ zugeordnet werden konnten, bilanzierte der Februar insgesamt nur unwesentlich schwächer als der Dezember. Die geomagnetisch ruhigsten Monate waren diesmal März und Juli, an welchen gleich 28 bzw. sogar 29 Tage „ruhig“ ausfielen während keine einzigen Tage die Klassen „aktiv“ oder höher erreichten.
Wertet man geomagnetische Stürme entsprechend den NOAA Space Weather Scales aus, so zeigt sich ebenfalls gut die derzeitig ausgeprägte Flaute in der geomagnetischen Aktivität. Angelegt an die Saffir-Simpson-Skala für Hurrikanes sind auch die NOAA Space Weather Scales (Strahlungs-, Protonen-, Geomagnetische Stürme) in jeweils 5 ansteigende Stufen mit zunehmender Gefährlichkeit unterteilt. Während im Normalfall G1-Stürme, die durchschnittlich an etwa 88 Tagen pro Jahr auftreten, und G2-Stürme mit immerhin 36 Tagen nicht gerade seltene Ereignisse darstellen, kann mit G3-Stürmen noch an gut 13 Tagen pro Jahr gerechnet werden, während hingegen Stürme der Kategorie G4 mit durchschnittlich 4,5 Fällen und G5-Stürme mit gerade mal 0,3 Fällen pro Jahr nur noch sporadisch in Erscheinung treten. Das Jahr 2014 fiel eben auch in dieser Statistik mager aus mit nur 23 Tagen G1-Sturm (z.Vgl. 2013: 30) und 4 Tagen G2-Sturm (2013: 9). Stärkere Stürme ab der Klasse G3 sind diesmal gleich gänzlich ausgeblieben, was zuletzt im Jahr 2009 passiert ist.
Polarlichter:
Ein stark wachsendes mediales Interesse, die zunehmende Anzahl an Beobachtern, der rege Austausch über Internetforen und nicht zuletzt die Anwendung von lichtstarken, häufig auch automatischen Kameras führt zu einer übermäßig rasch ansteigenden Zahl an Polarlichtbeobachtungen, die einen Vergleich mit früheren Jahren unmöglich macht. So konnte im deutschsprachigen Raum entsprechend der umfangreichen Polarlichtchronik von Stefan Krause sowie dem ansprechenden Polarlichtarchiv von Andreas Möller im Jahr 2014 trotz der enttäuschend schwachen solaren und geomagnetischen Aktivität an immerhin 15 Nächten (2013: 13) Polarlicht entweder visuell, zumeist aber nur fotografisch nachgewiesen werden. Die ebenfalls sehr gut geführte Polarlichtstatistik von Thomas Sävert spricht von zumindest 10 Nächten mit sichtbaren oder nachweisbaren Polarlichtern. Die meisten dieser Ereignisse fielen aber denkbar mau aus und blieben auf den Norden Deutschlands beschränkt. Am 27. Februar 2014 vor Mitternacht konnte das Nordlicht aber auch im Norden Österreichs gesehen werden, wenn auch nur sehr schwach und unauffällig. Es war hier die erste Sichtung seit den Morgenstunden des 25. Oktober 2011.
Andreas Pfoser, 18. Januar 2015
Quellen der Rohdaten:
NOAA SWPC
GFZ Potsdam