Das Wettergeschehen in der Arktis ist variantenreich und von Wind- und Meeresströmungen, der Anordnung von Gebirgszügen sowie der Form des Untergrundes (Land, Meer, Eis) wesentlich geprägt. So ist der durchschnittlich geringste Wolkenbedeckungsgrad zum Beispiel auf dem Festland Nunavuts und den nördlich davon gelegenen Eisinseln sowie auch im Norden und Nordosten Grönlands zu erwarten, wo die geschlossene etwa drei Meter dicke Packeisdecke des Nordpolarmeeres noch die größte Beständigkeit aufweist und damit dem Arktischen Ozean einen trockenkontinentalen Einfluss verleiht. Besonders wolkenarm ist das Wetter hier in den Monaten November bis Mai, wenn die Eisdecke für mehrere Monate bis zur Festlandsküste Nunavuts heranreicht. Die Folge sind außergewöhnlich hohe Werte der Sonnenscheindauer im Spätwinter und Frühling, welche in Teilen Ellesmere Islands im Mai im Mittel sogar 500 Stunden überschreitet (das sind bis zu 16.5 Stunden/Tag) und damit vermutlich die höchste Sonnenscheindauer eines Monats überhaupt auf der Erde markiert. Ein solch hoher Wert kann zum Beispiel in den subtropischen Wüstenregionen gar nicht erreicht werden, weil dafür selbst im Sommer die verfügbare Tageslänge schlichtweg zu kurz ist. Im Gegensatz dazu zeichnen sich Regionen mit feuchter Meeresluft über warmen Meeresströmungen, wie man sie an den ganzjährig eisfreien Küsten Norwegens und Islands sowie im Bereich der zumindest an der Westküste weitgehend eisfreien Inselgruppe Svalbard vorfindet aber auch Franz-Josef-Land, Nowaja Semlja und der Südosten/Süden Grönlands (Entstehungsgebiet des Islandtiefs) durch eine recht hohe Bewölkungsmenge aus. Dabei fallen in Island, im Südosten und Süden Grönlands sowie in Nord-Norwegen auch die größten Niederschlagsmengen der Arktis an, welche in diesen Regionen großflächig 800mm pro Jahr überschreiten und in einzelnen Gebieten sogar mehr als das doppelte davon erreichen. Im Gegensatz dazu sind andere Regionen der Arktis ausgesprochen trocken. So werden im Norden Alaskas, Yukons, der Northwest Territories und auf dem Festland Nunavuts, aber auch in der Beaufort See und auf den Kanadischen Eisinseln (außer der Südosthälfte des Baffinlandes) sowie im Nordwesten und Norden Grönlands, in Franz-Josef-Land, in Mittel- und Ost-Sibirien (außer äußerste Ostspitze) und nördlich davon in der Laptew- und Ostsibirischen See weitläufig weniger als 300mm Niederschlag pro Jahr erzielt, wobei im äußersten Nordwesten Grönlands und auf den nördlichen Eisinseln Kanadas oft nicht einmal 100mm im Jahr zusammen kommen.
Während also fallender Niederschlag doch in erheblichen Teilen der Arktis ein nicht wirklich ergiebiges Ereignis darstellt, kann abgesetzter Niederschlag mancherorts häufig beobachtet werden. Vor allem von Mitte Juni bis Mitte September sind teils ausgedehnte Nebel- und Hochnebelbänke über arktischen Meeresflächen eine durchaus typische Erscheinung, speziell in Gebieten mit Treibeis oder kaltem offenem Meer, wobei in einigen dieser Regionen gleich 80-95% aller Sommertage trüb ausfallen. Aber auch mehrere Küstengebiete sind von Nebel betroffen, vor allem im Juni und Juli. In diesen Monaten wirkt sich der relativ starke horizontale Temperaturgradient zwischen einem bereits schneefreien und damit optimal aufgeheizten Land gegenüber zwar schon offenem aber noch sehr kaltem Meerwasser am deutlichsten aus. Dies führt zu einer ausgeprägten landwärtsgerichteten Luftströmung feuchter Meeresluft (Seewind), welche zu Nebel kondensiert und in dieser Form an den Küstenbereich herangeführt wird (Advektionsnebel, Kaltwassernebel, bis zu 15-20 Tage pro Sommermonat). Da dort dann oft eine durch die Meereskälte produzierte tief liegende Inversion gegeben ist, wird ein weiterer Luftmassentransport nach oben unterbunden. Im Herbst nimmt dann die Neigung zu Seerauch zu, einer Nebelform (Mischungsnebel, Warmwassernebel), welche sich bevorzugt über warmen Wasserflächen bildet, wenn die darüberliegende feuchte Luft in der durch die kommende Winterkälte bereits abgekühlten umgebenden Luftmasse kondensiert. Seerauch kann sich manchmal großflächig ausbreiten und den Charakter einer Nebeldecke einnehmen. Im Tief- und Spätwinter ist Nebel in der Arktis hingegen selten. Er kann aber bei großer Kälte im Landesinneren in Mulden oder Becken oder auch entlang von Flussläufen in Form von flachem Eisnebel aus sublimiertem Wasserdampf fallweise angetroffen werden.
Die Temperaturen in der Arktis sind niedrig. Der Grund hierfür ist vor allem im erheblichen Einstrahlungsdefizit bzw. dem sogar vollständigen Fehlen kurzwelliger Sonneneinstrahlung in den Herbst- und Wintertagen zu finden. Zudem fällt aufgrund der relativ niedrigen Sonnenhöhe auch im Frühling und Sommer die Bestrahlung nicht ergiebig aus und wird noch dazu durch die Spiegelungseffekte heller Schnee-, Gletscher- und Meereisflächen zu einem nicht unerheblichen Anteil auch wieder reflektiert. Dies führt unter anderem auch zu einer faszinierenden Besonderheit der hohen Breiten, wonach weit im Norden (niedrige Sonnenhöhe), speziell über dem Nordpolarmeer, die Temperatur bei Sonnenschein im Frühling oder Frühsommer gar nicht ansteigt, wenn eine tiefliegende Wolkendecke aufbricht, sondern häufig sogar zurückgeht. Denn die zu dieser Jahreszeit noch relativ hellen Schneeoberflächen (Albedo 0,75-0,85) reduzieren den Eintrag kurzwelliger Sonneneinstrahlung so stark, dass damit der durch die Wolkenauflösung bedingte Verlust an langwelliger Wolkenstrahlung gar nicht wettgemacht werden kann. Am kältesten ist die Arktis im Tiefwinter in Mittel- und Ost-Sibirien sowie im Landesinneren Grönlands, wo selbst Monatsmitteltemperaturen bis unter -45°C absinken und absolute Tiefstwerte von weniger als -65°C bereits aufgetreten sind. Relativ mild ist es im Winter nur im Süden und Westen Islands, wo die Durchschnittswerte um 0°C liegen. Im Sommer hingegen erreichen einzelne Gebiete der russischen Arktis an der Küste zum Weißen Meer (europäisches Russland) sowie am Unterlauf der Lena (Mittel-Sibirien) durchaus auch warme Monatsmitteltemperaturen um etwa 15°C mit durchschnittlichen Tageshöchsttemperaturen, welche sogar 20°C knapp überschreiten. Zu dieser Zeit ist es in der Eismitte Grönlands am kühlsten mit einem Monatsmittel unter -10°C. Die Temperaturtagesgänge (also die Unterschiede zwischen Tagestiefstwerten und Tageshöchsttemperaturen) fallen in der Arktis meist eher gering aus und nehmen lediglich im Landesinneren bei trockener Luft, speziell im Frühling, stellenweise auch etwas bedeutendere Werte ein. In Regionen allerdings, welche einen Zugang zu verschiedenartigen Luftmassen aufweisen, können in relativ kurzer Zeit auch große Temperatursprünge auftreten. Dabei kann zum Beispiel durch die Zufuhr milder Meeresluft eine flache aber ausgeprägte Inversion ebenso rasch aufgelöst werden wie es umgekehrt eine kräftige eiskalte kontinentale Windströmung vermag, milde Luft zu verdrängen und damit einen plötzlichen Temperatursturz einzuleiten, welcher durchaus auch mehr als 20°C ausmachen kann.
Wind beeinflusst also das Wetter in der Arktis und er geht auf verschiedene Ursachen zurück. Großräumig starke Winde entwickeln sich vor allem im Umkreis von ausgeprägten Tiefdruckgebieten wie zum Beispiel den Islandtiefs, welche durch den permanent aufrecht erhaltenen Temperaturgegensatz zwischen der kalten grönländischen Land-/Eismasse und der warmen Nordatlantischen Meeresströmung (Ausläufer des Golfstromes) immer wieder von neuem etwa im Südosten oder Süden Grönlands oder nahe Island gebildet werden. Diese Tiefs wandern danach meist ost- und nordostwärts und gelangen vor allem in den kälteren Jahreszeiten häufig über die Norwegische See bis in die Barents See und dringen teils sogar noch in die Kara See vor oder sie verbleiben westwärts davon und erreichen die Grönland See. In Extremfällen kann dabei arktische Kaltluft, welche über durch Meeresströmungen warm gehaltenes Meerwasser gelangt, so stark labilisieren, dass sich eine ausgewachsene polare Winterzyklone mit einem Durchmesser von einigen 100km entwickelt. Ähnlich den großen tropischen Wirbelstürmen kann diese dann sogar mit einem wolkenfreien „Auge“ im Zentrum ausgestattet sein und sich erst bei Landeinfall oder über Meereisflächen wieder auflösen. Im Sommer bilden sich Tiefdruckgebiete aber auch über der Hudson Bay und den angrenzenden Eisinseln Nunavuts sowie auch weitläufig entlang der Nordküste Eurasiens in nennenswerter Anzahl, da sich nach rascher Schmelze der meist nur geringen Schneemengen das Land rasch aufwärmen kann während der Arktische Ozean doch relativ kühl bleibt und damit ein für die Tiefdruckentwicklung günstiger Temperaturgegensatz geschaffen wird. Ein Teil dieser Tiefs verlagert sich danach häufig nordwärts und zieht bis in den Herbst hinein langsam über das zentrale Nordpolarmeer. Abseits der Tiefdruckgebiete können starke Winde aber auch an langgestreckten Hügel- oder Bergketten entstehen, wenn die Strömung diese aufgrund einer markanten Inversion nicht auf direktem Wege überwinden kann („Barrier Jet“). Auch in engen Spalten, zum Beispiel zwischen Inseln, kann eine Luftbewegung manchmal enorm beschleunigt werden und bei Spaltausgang auch Orkanstärke erreichen wie es z.B. bei Nordwind zwischen Ellesmere Island und Nordwest-Grönland vorkommt („Gap Wind“). Und gefährlich wirkt sich zeitweise das Abfließen großer Mengen kalter Luft (katabatischer Wind) vom hochgelegenen Inlandeis (bis zu 3230m üNN) zur Ostküste Grönlands aus („Piteraq“), speziell wenn sich ein Tiefdruckgebiet in Küstennähe befindet, welches die Zirkulation so richtig in Gang setzt. Aber nicht immer muss mit Wind in der Arktis gerechnet werden. Speziell im Winter ist es oft die Windstille einer klaren Nacht im Landesinneren, welche die Bildung von so eisigen Kaltluftseen überhaupt erst ermöglicht.
So unveränderlich diese Beschreibung des arktischen Wettergeschehens auch erscheinen mag, so darf sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bedingungen mittlerweile begonnen haben, sich markant zu ändern. Denn es wird in der Arktis eine dramatische Klimaänderung beispiellosen Ausmaßes registriert. Die Temperaturen erhöhen sich unvorstellbar deutlich mit Abweichungen zu langjährigen Monatsmittelwerten, welche teils schon mehr als 10°C betragen. Immer häufiger tritt Regen anstelle von Schneefall auf, selbst im Winter und teils bis in hohe Breiten reichend. Gletscher schmelzen und die Meereisbedeckung nimmt so rasant ab, dass die Möglichkeit bereits ins Auge gefasst wird, dass schon in naher Zukunft der Arktische Ozean im Spätsommer und Frühherbst komplett eisfrei sein könnte. Dies hat enorme Auswirkungen auf Fauna und Flora und letztendlich auch auf uns Menschen. Damit ist aber nicht der vermeintlich positive Effekt einer schiffbaren Nordost- und Nordwestpassage gemeint sondern der eindeutig negative Effekt, dass die natürliche Kühlung unserer Erde allmählich verloren geht. Schon heute ist es so warm, dass sich der unermessliche Eispanzer Grönlands, würde man ihn vollständig entfernen, vermutlich gar nicht mehr aufbauen könnte. Und das Meereis des Arktischen Ozeans, welches in jedem Sommer abschmilzt und im Winter neu gebildet werden muss, kann sich selbst in kälteren Wintern nicht mehr vollständig regenerieren, weil einjähriges Eis bedeutend weniger stabil ist wie die mehrjährige kompakte Eisdecke früherer Zeiten. Wenn die großen Eismassen der Polargebiete verschwinden, dann wird die Erde in ihrer Gesamtheit dunkler und trägt damit auch zunehmend mehr kurzwellige Sonnenstrahlung, welche nun ja nicht mehr so effizient reflektiert wird, in ihr System ein (Eis-Albedo-Rückkopplung). Es kommt aber noch zu weiteren Rückkopplungseffekten. So erzeugt warmes offenes Meerwasser aufgrund seiner erhöhten Verdunstungsrate und dem Abbau thermodynamischer Stabilität auch vermehrt polare Tiefdruckgebiete, deren damit verbundene Stürme die arktische Meereisdecke noch weiter aufzubrechen vermögen. Zudem bedingt die zunehmende Meridionalität der großräumigen atmosphärischen Zirkulation (infolge der kleiner werdenden globalen Temperaturgegensätze) ein stärker werdendes Einfließen warmer Luftmassen aus dem Süden. Damit gelangt aber auch mehr Ruß aus Industriegebieten in die Arktis und verstärkt noch die bereits durch den wachsenden Tourismus insitu verursachte Verunreinigung und Verdunkelung der Schneeoberflächen. Die Folgen der Rückkopplungen sind also weitreichend und können irgendwann einmal nicht mehr umkehrbar sein. Daher ist der Klima- und Naturschutz für die Naturregion Arktis eine unerlässliche Notwendigkeit. Die Arktis und ihre Natur muss geschützt werden, Fauna und Flora, Luft und Wasser und das Klima dieser einzigartigen Naturregion muss erhalten bleiben, für uns Menschen !!!
Andreas Pfoser, 6. Oktober 2019