Aufbau der Atmosphäre

EINTEILUNG NACH VERTIKALEM TEMPERATURVERLAUF
Atmosphaere_Temperaturverlauf
Die atmosphärische Schicht-Einteilung nach dem vertikalen Temperaturverlauf. Die angegebenen Temperaturen und Temperaturverläufe bis 90km Höhe sind global gemittelte Werte nach der „U.S. Standard Atmosphere 1976“. Die in der Troposphäre und Oberfläche angegebenen „Zellen“ bzw. „Ströme“ sind bedeutende Zirkulationssysteme, welche unser Wettergeschehen maßgeblich gestalten.

 
Betrachtet man den mittleren vertikalen Temperaturverlauf der Atmosphäre, so ist dieser von drei Zonen mit relativ hohen Temperaturen geprägt, während es dazwischen jeweils abkühlt. Warm sind zunächst einmal die bodennahen Luftschichten mit einer über die gesamte Erde und alle Jahreszeiten gerechneten Mitteltemperatur von +15,0°C. In der unmittelbar daran anschließenden Schicht, der Troposphäre, kühlt es dann aber beträchtlich ab, sodass an deren Obergrenze, der Tropopause, sowie in der nächstfolgenden Schicht, der unteren Stratosphäre (11-20km Höhe), nur noch eine Temperatur von durchschnittlich -56,5°C vorgefunden werden kann. Danach folgt wieder eine Erwärmung bis zur Stratopause und der daran anschließenden unteren Mesosphäre (47-51km Höhe), in welcher ein Wert von immerhin -2,5°C erzielt wird. Dann kühlt es aber deutlich ab bis zur absolut kältesten Schicht unserer Lufthülle, einer Zone, welche die Mesopause und untere Thermosphäre (85-90km Höhe) umfasst. Hier liegt der Jahresmittelwert entsprechend der „U.S. Standard Atmosphere 1976“ (vorliegend für 0-90km Höhe) bei -86,3°C.
Atmosphaere_Temperatur
In der oberen Thermosphäre nimmt dann die Temperatur allerdings enorm zu und erreicht am Oberrand der Erdatmosphäre, der Thermopause (500km Höhe), gewaltige Werte, welche schon bei minimaler Sonnenaktivität zwischen etwa 450°C (zweite Nachthälfte) und 550°C (früher Nachmittag Ortszeit) liegen. Bei hoher Sonnenaktivität werden bereits am frühen Morgen mehr als 800°C registriert. Bis zum frühen Nachmittag steigt die Temperatur dann auf mehr als 1100°C, in Extremfällen sogar bis 1400°C an. Zurückzuführen sind diese außerordentlich hohen Werte zum einen auf die sehr kurzwelligen und damit energiereichen Anteile der Sonnenstrahlung, die in dieser Höhe noch uneingeschränkt zur Verfügung stehen, zum anderen auf die bereits extrem ausgedünnte, nahezu „vakuumartige“ Luft der Hochatmosphäre, in der diese energiereiche Strahlung auch gut zur Geltung kommt. Konkret handelt es sich dabei um mittlere/weiche Röntgenstrahlung sowie ultraviolette Strahlung der extremen Klasse EUV, deren Energieeintrag einerseits „Photoionisationen“ speist, das sind chemische Vorgänge, bei welchen unter der Einwirkung von elektromagnetischer Strahlung Elektronen aus Atomen und Molekülen herausgelöst werden, und andererseits die frei gewordenen Elektronen in der dünnen Luft auch auf sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigt. Temperatur ist ja nichts anderes als ein Maß für die mittlere kinetische Energie (Bewegungsenergie) von Partikeln.

Auch die übrigen oben genannten Temperaturmaxima in der Stratopause sowie der bodennahen Luft, sind im Wesentlichen auf den Eintrag von Sonnenstrahlung in diese Schichten zurückzuführen. In der Stratosphäre ist es die Ozonschicht, welche ultraviolette Strahlung der Klasse UVC sowie die anteilsmäßig zwar geringen aber extrem energiereichen Gamma– und harten/mittleren Röntgenstrahlen aufnimmt und damit am weiteren Vordringen in tieferliegende atmosphärische Regionen hindert. Auch einige langwelligere Bereiche des Spektrums wie das mittlere/ferne Infrarot, die Submillimeterwellen und die kurzen Mikrowellen fallen darunter. Die restlichen Komponenten der Sonnenstrahlung treffen schließlich am Erdboden ein und werden erst dort, dafür aber besonders effizient absorbiert. Dazu gehören ultraviolette Strahlung der Klassen UVB und UVA, sichtbares Licht, nahes/mittleres Infrarot, lange Mikrowellen und Radiowellen.

Die im ersten Absatz genannten Temperaturen entsprechen globalen Mittelwerten wie sie in der „U.S. Standard Atmosphere 1976“ definiert sind. Tatsächlich kommt es aber zu starken regionalen und auch jahreszeitlichen Schwankungen, da die Erde aufgrund ihrer annähernden Kugelgestalt schon einmal räumlich recht unterschiedlich mit Sonnenstrahlung versorgt wird. Die zeitlichen Variationen ergeben sich aus der Neigung des Erdäquators um 23° 26‘ gegen die Ekliptik, was dazu führt, dass Sonnenhöhe und Sonnenscheindauer sich im Laufe eines Jahres an allen Orten stetig verändern. In geringem Maße spielt auch noch die elliptische Bahn der Erde um die Sonne eine Rolle, die dafür sorgt, dass zur Zeit der Sonnennähe, die mit dem Südsommer zusammenfällt, die Tagessumme der extraterrestrischen Bestrahlungsstärke auf der Südhemisphäre etwa 2MJ/m² höher ist als auf der Nordhalbkugel zur Zeit des Nordsommers bei Sonnenferne. Nicht überall führt aber die maximale Sonneneinstrahlung auch zu den höchsten Temperaturen. Komplizierte Zirkulationsmuster in der Troposphäre und den Ozeanen üben einen wesentlichen Einfluss auf die Temperaturverteilung in Erdoberflächennähe aus. Und in der unteren Thermosphäre sowie der oberen Mesosphäre führen Strömungen sogar dazu, dass die absolut kältesten Temperaturen mit Werten bis -160°C (Mesopause) interessanterweise nicht im Winter sondern über dem Sommerpol gemessen werden, während die höchsten Werte hier mit Temperaturen bis über -45°C am Winterpol auftreten.

 

EINTEILUNG NACH CHEMISCHER ZUSAMMENSETZUNG
Atmosphaere_Zusammensetzung
Die atmosphärische Schicht-Einteilung nach der chemischen Zusammensetzung. Angegeben ist die Molmasse der Luft in der Homosphäre (konstant über den gesamten Höhenbereich) sowie am Oberrand der Atmosphäre, dem Übergang zur Exosphäre, jeweils nach der „U.S. Standard Atmosphere 1976“. Unter Molmasse versteht man die Masse, die etwa 6*10^23 Teilchen eines Stoffs, hier Luft, einnehmen.

Setzt man sich mit der chemischen Zusammensetzung der Erdatmosphäre auseinander, so fällt auf, dass diese, abgesehen von Wasserdampf, bis zu einer Höhe von etwa 81km (Homosphäre) im Wesentlichen konstant ist. Unter der Annahme, dass diese Schicht völlig trocken wäre, würden dabei 78,08% des Volumens auf molekularen Stickstoff, 20,95% auf molekularen Sauerstoff, 0,93% auf das Edelgas Argon sowie 0,04% auf Kohlendioxid entfallen. Weitere Bestandteile kommen nur in sehr geringen Mengen vor und machen zusammen weniger als 0,003% des Volumens aus. Tatsächlich ist aber zumindest die Troposphäre keineswegs völlig trocken. Wasserdampf muss also zumindest für diese Schicht in die Überlegungen mit einbezogen werden, wobei hier allerdings erhebliche zeitliche und räumliche Unterschiede bestehen. Betrachtet man zum Beispiel bodennahe Luft, so erreicht Wasserdampf hier immerhin einen global gemittelten Volumenanteil von etwa 2,6%. Die Anteile der übrigen Elemente verringern sich dabei auf 76,1% für molekularen Stickstoff, 20,4% für molekularen Sauerstoff und 0,9% für Argon.
 
Oberhalb von 81km Höhe (Turbopause) verändert auch die trockene Luft allmählich ihre Zusammensetzung. Dies ist zum einen auf die hier bereits sehr dünne Hochatmosphäre (Heterosphäre) mit einer folglich nur noch eingeschränkt funktionierenden turbulenten Durchmischung zurückzuführen. Schwerere Gase reichern sich jetzt tiefer an als leichte, weil die Schwerkraft der Erde nicht mehr auf die Luft als Ganzes, sondern auf die atmosphärischen Bestandteile im Einzelnen wirkt. Zum anderen sind es Dissoziations- (Zerlegung von Molekülen in ihre atomaren Bestandteile) und Ionisationsprozesse sowie eine Reihe von chemischen Folgereaktionen, die von der energiereichen kurzwelligen Sonnenstrahlung angefacht werden und die elementare Zusammensetzung der Heterosphäre doch erheblich verändern. So wird zum Beispiel in 180km Höhe molekularer Stickstoff als häufigster Bestandteil von Sauerstoff abgelöst, allerdings nicht von jenem in molekularer sondern in atomarer Form, wie er in der Homosphäre ja noch nicht einmal vorkommt.
 
 
 
 
Konkret findet man entsprechend der „U.S. Standard Atmosphere 1976“ in 180km Höhe folgende Volumenanteile vor: atomarer Sauerstoff 48,20%, molekularer Stickstoff 48,14%, molekularer Sauerstoff 3,51%, Helium 0,11%, Argon 0,04%. In 400km Höhe verändern sich die Anteile weiter auf hier schon 90,77% für atomaren Sauerstoff, während molekularer Stickstoff nur noch zu 4,42% vorkommt und molekularer Sauerstoff gar nur noch zu 0,12%. Das leichte Edelgas Helium hat seinen Volumenanteil hingegen bereits auf 4,61% vervielfacht und das noch leichtere Gas Wasserstoff kommt jetzt ebenfalls schon in nennenswerter Menge von 0,08% vor, mit weiter stark steigender Tendenz. Zu beachten ist dabei, dass jetzt auch geladene Partikel bereits einen erheblichen Anteil einnehmen können, welcher insgesamt bis zu etwa 1% in dieser Höhe ausmacht.
Atmosphaere_Molmasse
Atmosphaere_Elemente

 

EINTEILUNG NACH IONISIERUNGSZUSTAND
Atmosphaere_Ionisierungszustand
Die atmosphärische Schicht-Einteilung nach dem Ionisierungszustand. Der obere Teil der F-Region sowie die Plasmasphäre werden eigentlich nicht mehr als Teile der Atmosphäre angesehen sondern sind bereits Regionen der Magnetosphäre. Der innere und äußere Van-Allen-Strahlungsgürtel sind markante Zonen innerhalb der Plasmasphäre, in denen Protonen bzw. Elektronen mit sehr hohen Energiebeträgen auftreten.

Wie bereits erwähnt wurde, laufen speziell in großen Höhen unter Einwirkung energiereicher Sonnenstrahlung eine Vielzahl von chemischen Prozessen ab, welche für unsere Lufthülle von nicht unwesentlicher Bedeutung sind. So werden zum Beispiel in „Photoionisationen“ neutrale Luftpartikel mittels ultravioletter Strahlung der Klasse EUV sowie Röntgenstrahlung permanent in positiv geladene Ionen und freie Elektronen zerlegt, während aber gleichzeitig „Rekombinationsprozesse“ dafür sorgen, dass Ionen auch wieder mit Elektronen zusammengeführt werden. Dazwischen führen verschiedene Formen von „Elektronenanlagerungen“ zur Bildung von negativen Ionen, welche sich durch „Elektronenablösungen“ dann auch wieder neutralisieren. Die Ionisierung der Erdatmosphäre ist aber nicht nur auf die kurzwellige elektromagnetische Strahlung der Sonne zurückzuführen. Auch der Sonnenwind, ein Plasmastrom, der hauptsächlich aus Elektronen, Protonen und Heliumkernen zusammengesetzt ist, liefert einen bedeutenden Beitrag, entweder durch Partikel, die von ihm direkt in die Erdatmosphäre eingeschleust werden oder indirekt durch das Antreiben gewaltiger Stromflüsse im System Magnetosphäre – Atmosphäre mittels Feldlinienverschleppungen, Feldinduzierungen, Impuls- und Energieübertragungen bei seinem Vorbeiströmen an der Erde.
 
Die atmosphärische Schichteinteilung nach dem Ionisierungszustand ist historisch bedingt und orientiert sich an der Bedeutung der Atmosphäre für die Ausbreitung von terrestrischen Radiowellen. Da diese aber erst oberhalb von 50km Höhe gegeben ist, beginnt auch hier erst die Ionosphäre. In der darunter liegenden Neutrosphäre ist die Menge an geladenen Teilchen dafür noch zu gering. Eingeteilt wird die Ionosphäre in drei charakteristische Regionen, die D-, E- und F-Region.

Die D-Region (50-90km Höhe) weist noch keine ausgeprägten Elektronendichtemaxima wie die beiden darüber liegenden Regionen auf. Zudem sind die geladenen Teilchen hier überwiegend nur tagsüber vorhanden während sie in der Nacht mittels chemischer Reaktionen signifikant reduziert werden. Dafür kann man im Gegensatz zu den höherliegenden Schichten neben positiven Ionen und freien Elektronen in der D-Region auch negative Ionen in nennenswerter Zahl antreffen.

IonosphaereDas Bild wurde angelehnt an eine Grafik von Hargreaves, „The solar-
terrestrial environment. An introduction to geospace – the science
of the terrestrial upper atmosphere, ionosphere and magnetosphere.
Cambridge Atmospheric and Space Science Series, 1992“
Innerhalb der E-Region (90-150km Höhe) sind vor allem die sogenannte E-Schicht sowie die sporadischen Es-Schichten von Interesse. Die E-Schicht ist eine regelmäßig auftretende Zone maximaler Elektronenkonzentration in durchschnittlich 120-130km Höhe. Sie ist ein bis zwei Stunden nach der lokalen Mittagszeit am stärksten ausgeprägt. Sporadische Es-Schichten sind hingegen unregelmäßig erscheinende, inhomogene, meist flache Elektronenwolken in einer Höhe zwischen 100km und 130km, die bis zu mehrere Stunden lang andauern können. Obwohl sie in hohen Breiten am präsentesten sind, findet man sie fallweise auch in mittleren Breiten oder Äquatornähe vor. In hohen Breiten kann man sie am häufigsten während der Nacht beobachten, wenn aufgrund bestimmter Vorgänge im erdnahen Weltraum Elektronen aus dem Magnetosphärenschweif stärker als sonst beschleunigt werden, um hart auf die obere Atmosphäre niederzuprasseln und dabei durch mehrfache Kollisionen mit Luftteilchen noch zahlreiche weitere Elektronen freisetzen. Sporadische Es-Schichten stehen mit den Polaren Elektrojets in Verbindung. Die häufigsten geladenen Bestandteile der E-Region sind Elektronen sowie Sauerstoffmolekül- und Stickstoffmonoxidionen.

In der F-Region (150-1500km Höhe) sind die F1-Schicht und F2-Schicht auffällige Merkmale. Bei beiden Schichten handelt es sich wieder um Maxima der Elektronenkonzentration. Die F1-Schicht ist dabei ähnlich wie die E-Schicht hauptsächlich tagsüber gut ausgeprägt und befindet sich etwa 150- 200km über der Erdoberfläche. Die F2-Schicht in normalerweise 250-350km Höhe markiert dann das absolute Maximum der Elektronenkonzentration, welches beträchtlichen zeitlichen und räumlichen Änderungen unterworfen ist, wobei für die zeitlichen Variationen die regelmäßigen tages- und jahreszeitlichen Schwankungen mit zunehmender Höhe gegenüber den Fluktuationen in der Sonnenaktivität allmählich unbedeutender werden. Die höchsten Werte werden demnach in Phasen starker Sonnenaktivität tagsüber erzielt, und zwar in zwei Zonen niedriger Breiten beiderseits des Äquators. In den mittleren Breiten tritt übrigens eine bemerkenswerte Anomalie auf, welche sich in etwas höheren Werten der Elektronenkonzentration auf der Winterhalbkugel als innerhalb der beleuchteten Sommerhemisphäre äußert. Grund ist vermutlich die großräumige global ausgeprägte thermosphärische Zirkulation, mit welcher sauerstoffreichere Luft der Hochatmosphäre in den mittleren Breiten der Winterhalbkugel nach unten transportiert und dort der Photoionisation ausgesetzt wird. Die häufigsten geladenen Bestandteile der F-Region sind Elektronen sowie Sauerstoffionen, oberhalb von 900km Höhe auch Wasserstoffionen.

Andreas Pfoser, 22. Juli 2014

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